„Wir wissen heute, dass die Entschlüsselung des menschlichen Genoms nicht der Generalschlüssel für ein vollständiges Verständnis der Ursachen von chronischen Krankheiten wie Krebs oder neurodegenerativen Erkrankungen ist“, sagt Benedikt Warth von der Fakultät für Chemie der Universität Wien, der Impulsredner des Abends. Umweltfaktoren wie die Lebensweise und Ernährung, über die der Mensch unterschiedlichste Moleküle aufnimmt, „spielen eine deutlich größere Rolle bei der Krankheitsentstehung und können den menschlichen Organismus sehr individuell beeinflussen“.

Erst kürzlich konnten der bioanalytische Chemiker und KollegInnen zeigen, dass das verbreitete Lebensmittelöstrogen Zearalenon die menschliche Plazenta durchwandern kann und in bedenkliche Stoffwechselprodukte umgewandelt wird. Andere Studien demonstrierten bereits, dass Umweltstoffe im Körper auch kombinatorische Wirkungen haben und so beispielsweise die Wirkungsweise von Medikamenten beeinflussen können.

Dem Exposom auf der Spur

Seit einigen Jahren versucht die Forschung besser zu verstehen, wie Umweltfaktoren, denen der Mensch lebenslang ausgesetzt ist, wirken und wie sie bei der Entstehung von Krankheiten mit der Genetik zusammenspielen.

„Ziel der Forschung ist es, das komplexe Zusammenspiel von Umweltfaktoren, Lebensweise und Ernährung aufzuklären. Aktuelle Forschungsarbeiten befassen sich unter anderem mit der Frage, inwieweit es gelingen kann, mit potenziell bioaktiven Lebensmittelinhaltsstoffen wie etwa Polyphenolen negativen Effekten entgegenzuwirken“, sagt Doris Marko, Leiterin des Instituts für Lebensmittelchemie und Toxikologie der Uni Wien. Grundlage für die Exposom-Forschung sind neue analytische Verfahren, die es ermöglichen, unterschiedlichste Kontaminanten in verschiedenen biologischen Proben, etwa Urin, Blutserum und Muttermilch, gleichzeitig messen zu können.

Warum wirkt ein Medikament bei einem Menschen und bei einem anderen nicht? Warum erkrankt ein Mensch an einer Krankheit und der nächste, trotz ähnlicher Exposition, nicht? Was bedeuten die Erkenntnisse der Exposom-Forschung für die Medizin und für den Umgang mit potenziellen Schadstoffen?  Dies diskutieren der Chemiker Benedikt Warth und die Lebensmittelchemikerin und Toxikologin Doris Marko mit der Medizinischen Ökologin Claudia Gundacker (MedUni Wien) und dem Chemiepolitik-Experten Thomas Jakl vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus im Rahmen der Veranstaltung.

Mit „Umwelt im Gespräch“ greift das Forschungsnetzwerk Umwelt der Universität Wien in Kooperation mit dem Naturhistorischen Museum Wien aktuelle Herausforderungen im Umgang mit unserer Umwelt auf und stellt wissenschaftliche Erkenntnisse als Grundlage für das gesellschaftliche Handeln bereit.

Veranstaltung: In der Chemikalienwolke: Umwelteinflüsse und unsere Gesundheit
Zeit: Dienstag, 5. November 2019, 19:00 Uhr
Ort: Naturhistorisches Museum Wien, 1010 Wien, Maria-Theresien-Platz (Haupteingang)
Begrüßung durch Thilo Hofmann (Leiter Forschungsnetzwerk Umwelt der Universität Wien) und Regina Hitzenberger (Vizerektor der Universität Wien)
Einführungsvortrag von Benedikt Warth, Bioanalytischer Chemiker und Assoziierter Professor der Universität Wien: „Auf den Spuren des Exposoms“

Im Anschluss Podiumsdiskussion:
Claudia Gundacker, Medizinische Ökologin und Assoziierte Professorin an der Medizinischen Universität Wien
Thomas Jakl, Chemiepolitik und Biozide, Abteilungsleiter des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus
Doris Marko, Lebensmitteltoxikologin und Professorin an der Universität Wien
Benedikt Warth, Bioanalytischer Chemiker und Assoziierter Professor an der Universität Wien
Die PodiumsteilnehmerInnen stehen MedienvertreterInnen bei Interesse für Interviews zur Verfügung.

Anmeldung erbeten: https://umwelt.univie.ac.at/aktivitaeten/umwelt-im-gespraech/in-der-chemikalienwolke/

Einladung

Weitere Informationen: umwelt.univie.ac.at