Extreme Dürreperioden wirken sich nicht nur kurzfristig aus, sondern verändern die Funktionsweise ganzer Ökosysteme. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Forschungsteam, das im Rahmen gezielter experimenteller Untersuchungen auf sechs Kontinenten analysierte, wie stark das Pflanzenwachstum unter anhaltender Trockenheit leidet. Auch Folgen für den globalen Kohlenstoffkreislauf waren dabei von Interesse, da Gras- und Strauchlandschaften etwa 40 Prozent der Erdoberfläche bedecken und somit von zentraler Bedeutung sind. „Unsere Daten zeigen, dass die Intensität einer Dürre entscheidend ist, und dass sich der Effekt nochmals deutlich verstärkt, wenn extreme Dürre wiederholt auftritt“, sagt Michael Bahn, Leiter der Arbeitsgruppe Funktionelle Ökologie am Institut für Ökologie der Universität Innsbruck.
Im Rahmen des International Drought Experiment (IDE), an dem mehr als 170 Forschende weltweit beteiligt sind, wurden in Gras- und Strauchlandschaften experimentell Niederschlagsmengen reduziert. Dadurch ließ sich präzise erfassen, wie Dürredauer und -intensität das Pflanzenwachstum beeinflussen. Die Ergebnisse zeigen ein klares Muster: Nach vier Jahren extremer Dürre war die Produktivität der Vegetation im Durchschnitt 2,5-mal geringer als im ersten Trockenjahr. Besonders starke und aufeinanderfolgende Dürreperioden führten somit zu einem deutlichen Rückgang der Biomasse, während sich Ökosysteme nach moderaten Trockenphasen oft stabilisieren konnten.
Bedeutung für Europa und Österreich
Bahn betont, dass die zunehmende Trockenheit auch Europa und Österreich betrifft: „Wir beobachten bereits heute, dass Dürreereignisse häufiger und intensiver auftreten, besonders in trockeneren Regionen des Ostens und Südens sowie in Teilen der Alpen, wie etwa in einigen Gebieten des Tiroler Oberlands.“ Selbst wenn die Niederschlagsmengen ähnlich bleiben, führt die fortschreitende globale Erwärmung zu einer stärkeren Verdunstung und damit zu trockeneren Böden. Dadurch steigt der Druck auf die Vegetation und das Risiko von Ernteausfällen. „Grasland ist eine wichtige Grundlage für die Landwirtschaft und leistet einen zentralen Beitrag zum Klimaschutz, weil es große Mengen an Kohlenstoff speichert. Kommt es zu einer Intensivierung von Dürreereignissen, werden die Ökosysteme geschwächt, und das wirkt sich wiederum auf die Artenvielfalt, den Wasserhaushalt und den globalen Kohlenstoffkreislauf aus“, so Bahn.
Klimaschutz als Schlüssel
„Je besser es gelingt, den Temperaturanstieg insgesamt zu begrenzen, desto geringer wird das Risiko häufiger und intensiver Dürreperioden“, sagt Michael Bahn. „Klimaschutz ist daher eine direkte Maßnahme, um die Widerstandsfähigkeit unserer Ökosysteme zu erhalten.“ Die Ergebnisse des internationalen Forschungsteams liefern eine wichtige Grundlage, um die Folgen des Klimawandels für natürliche und landwirtschaftliche Ökosysteme besser vorherzusagen und wirksame Anpassungsstrategien zu entwickeln. Zugleich zeigen sie, wie eng ökologische Stabilität und menschliche Lebensgrundlagen verbunden sind: von der Kohlenstoffspeicherung über die Artenvielfalt bis zur landwirtschaftlichen Nutzung. Eine Berücksichtigung dieser Zusammenhänge ist entscheidend, um die Folgen zunehmender Dürre abzufedern.
Publikation: Drought intensity and duration interact to magnify losses in primary productivity.
T. Ohlert et al. Science (2025). DOI: 10.1126/science.ads8144