Was ist „Gutes Benehmen“ und wer definiert das?

Seit die Menschen über Ethik und Moral nachdenken, überlegen sie sich auch, was gutes Benehmen oder gutes Verhalten ist. Immanuel Kants bekannter kategorischer Imperativ („Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde“) ist zwar zunächst ein grundlegendes Prinzip der Ethik, es lässt sich gedanklich aber auch gut auf alltägliches Benehmen anwenden.

So freuen sich die meisten Menschen, wenn sie von Nachbarn freundlich gegrüßt werden. Auch befürwortet es fast jeder, wenn andere, die beim Essen mit am Tisch sitzen, nicht laut schmatzen oder aufstoßen. Alle diese Dinge allerdings kann man nur erwarten, indem man sich selbst auch entsprechend verhält.

Was gutes Benehmen ist, steht in keinem Gesetzesbuch geschrieben. Denn solange die Würde des anderen und dessen körperliches Wohl nicht versehrt werden, lässt sich schlechtes Benehmen nicht bestrafen. Meist aber folgt die Strafe bei dauerhaft schlechtem Benehmen von ganz alleine: Durch Menschen, die sich von einem abwenden oder Möglichkeiten, die sich einem verschließen.

Was gutes Benehmen in der Gesellschaft, in der man lebt, ist, lernt man von klein auf. Ungeschriebene, wie manche geschriebenen Benimmregeln haben sich über Jahrzehnte etabliert und weiterentwickelt. Sie durchziehen das öffentliche Leben genauso wie das Berufsleben. Wer nicht ständig anecken und sich keine Chancen verbauen möchte und wer auf möglichst angenehme Begegnungen hofft, sollte also zumindest das grundlegende Regelwerk des guten Benehmens kennen, verstehen und verinnerlichen.

Das Regelwerk des guten Benehmens

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Das kommunikative Feingefühl

Gutes Benehmen findet auf verschiedenen Ebenen statt. So lässt sich etwa ein kommunikativer Teil von Gesten, Gestiken und Manieren trennen. Wenn auch beides letztlich natürlich meist einhergeht.

In puncto Kommunikation ist vor allem auf eine angemessene Begrüßung zu achten. Egal, ob im Privaten oder im Büro: Das Gegenüber, mit dem man auf engerem Raum aufeinandertrifft, sollte gegrüßt werden. Alles andere vermittelt einen Eindruck von Ignoranz oder Arroganz. „Hallo“ oder Guten Morgen“ gehen schnell über die Lippen und ernten eine Bestätigung beim Gegenüber. Wichtig ist außerdem sich für Gefallen oder Gesten zu bedanken oder im Falle eines Dankeschöns durch das Gegenüber „Bitte“ zu sagen. Auch eine Entschuldigung ist im Falle eines Missgeschicks oder Fehlers unbedingt angebracht.

Auch der Schriftverkehr zählt zum verbalen Teil des guten Benehmens. So gibt es beispielsweise bestimmte Vorgaben für den gestalterischen Aufbau eines Geschäftsbriefs, die man kennen sollte. Auch für die E-Mail-Korrespondenz sind Leitlinien vorhanden, wenngleich es in geschäftlichen Mails eine Spur lockerer und zwangloser zugehen kann als in Briefen.

Gesten, Gestik und Manieren

Genauso wichtig wie ein Feingefühl für die richtige Kommunikation sind Gesten und Manieren sowie die Gestik und Mimik. Bei der Begrüßung zu lächeln oder sich zumindest darum zu bemühen, freundlich zu schauen, unterstreichen, dass man es auch wirklich ernst meint. Zu diesem Teil des guten Benehmens zählen aber auch Dinge, wie:

  • Beim Gähnen oder Nießen die Hand vors Gesicht halten
  • Jemandem, der genau hinter einem läuft, die Tür aufhalten
  • Sich an Tisch und gerade bei Geschäftsessen angemessen benehmen
  • Bei Verabredungen pünktlich sein
  • Das Handy bei der Arbeit ausgeschaltet lassen und grundsätzlich die privaten Angelegenheiten erst nach Feierabend klären
  • Etwaige Hierarchien beachten (zum Beispiel ein Chef-Angestellten-Verhältnis), indem besondere Rücksicht auf die Anweisungen des Anderen genommen oder die eigene Meinung und Überzeugung zurückgestellt wird

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Selbstreflexion und Empathie

Gutes Benehmen hört nicht bei der Kenntnis und genauen Befolgung diverser Benimmregeln auf. Denn im Großen und Ganzen geht es auch darum, die richtige Einstellung zum Verhalten in Gesellschaft zu entwickeln. Die soziale Kompetenz (im Berufsjargon ist meist die Rede von Soft Skills) beschreibt einen guten Umgang mit anderen, der mit dieser „richtigen“ Einstellung einhergeht.

Um soziale Kompetenz zu entwickeln ist zunächst einmal Selbstreflexion nötig. Das eigene Handeln ist immer wieder zu überprüfen und zu hinterfragen. Gerade, wenn sich das Gefühl breit macht, bei anderen immer wieder auf Abneigung oder unerwartete Reaktionen zu stoßen. Auch die Empathiefähigkeit ist entscheidend. Mit einer egoistischen und selbstzentrierten Lebensweise ist das nur schwer möglich. Gerade bei Kollegen oder Vorgesetzten ist es wichtig, Verständnis aufzubringen und sich in das Gegenüber hineinzuversetzen.

Wichtig ist, dass gerade fürs Berufsleben die Fähigkeit vorhanden ist, sich Fehler einzugestehen und aus ihnen zu lernen. Verurteilen des fremden oder eigenen Handelns hilft niemanden weiter. Sinnvoller ist es, Fehler zu analysieren, zu akzeptieren und anschließend in Produktivität zu verwandeln.

Gutes Benehmen in der Berufswelt: Ein kleiner Knigge

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Distanz wahren

Widmen wir uns noch fünf konkreten Punkten, die wichtige Knigge-Regeln der Berufswelt darstellen. Als eine der ersten Regeln, die man sich verinnerlichen sollte, steht das Wahren von Distanz. Manche Menschen sind kontaktfreudiger, andere weniger. Da man im Berufsleben immer wieder auch mit Menschen zu tun haben wird, die man auf die Schnelle nicht richtig kennenlernt, gilt es, vorsichtshalber bestimmte Distanzzonen einzuhalten. Der berufliche Kontakt lässt sich unter „Persönliche Distanzzone“ einordnen – und für diese gilt: Mindestens einen halben Meter Abstand zum Gegenüber halten.

Übliche Umgangsformen beherrschen

Natürlich zählen die bereits genannten Umgangsformen, was etwa die Begrüßung oder übliche Kommunikation betrifft, auch im Berufsleben. Hier sind aber zusätzlich ein paar Dinge zu beachten.

So sind etwa die ranghöchsten Personen, also die Vorgesetzten oder der Chef immer zuerst zu begrüßen. Anschließend folgt die Begrüßung der anderen Anwesenden in der Hierarchie absteigend. Sollte es nicht wirklich eine festgelegte Hierarchie geben, ist es üblich, die älteste anwesende Person zuerst zu begrüßen. Außerdem gilt: Frauen vor Männern begrüßen.

Im Berufsleben ist ein freundlicher Händedruck zur Begrüßung immer noch üblich. Dazu empfiehlt es sich, „Freut mich“ oder „Freut mich, Sie kennenzulernen“ zu äußern.

Komplimente und Kritik annehmen

Häufig wird man in der Berufswelt mit Komplimenten oder auch Kritik umgehen müssen. Beides ist wichtig, wenn natürlich auch Kritikfähigkeit noch einmal entscheidender ist. Doch nicht nur Fehler, die man gemacht hatten, sollte als solche akzeptiert und angenommen werden. Ein ständiges Beschwichtigen oder Herunterspielen der eigenen Fähigkeiten in Folge von Komplimenten vermittelt mitunter Unsicherheit oder falsche Bescheidenheit. Auch das kommt bei vielen Vorgesetzten nicht immer gut an. Stattdessen gilt es einfach, sich im Falle eines Kompliments dafür zu bedanken und zusätzlich vielleicht mit einem ein „Das freut mich (zu hören)“ zu reagieren.

Mit Treffen und Empfängen umgehen können

Auch bestimmte Termine, wie Geschäftstreffen oder -essen, Besprechungen und Empfänge sowie Events, wie Weihnachtsfeiern oder Betriebsausflüge wird es während der Arbeitszeit bei einem Unternehmen immer wieder geben.

Die wichtigste Regel hierfür lautet: Cool bleiben, aber weiterhin die geschäftliche Distanz wahren! Gerade bei Betriebsfeiern ist die Verlockung groß, Distanzzonen zu durchbrechen oder zu privat zu werden. Während einem selbst dies vielleicht nichts ausmacht, möchte der Vorgesetzte vielleicht nicht unbedingt wissen, wie viel Alkohol am letzten Wochenende wieder geflossen ist oder auf welche intimen Vorlieben man abfährt.

Sonstiges

  • Wenn Geschäftspartner über einen bestimmten Titel verfügen, sollten diese auch mit dem Titel angesprochen werden. Außer natürlich das Gegenüber bietet einem eine weniger förmliche Anrede an. Bei mehreren Titeln ist bei der Anrede nur der höchste Titel relevant.
  • Das „Du“ sollte unbedingt nur rangniedrigeren Kollegen angeboten werden.
  • Wer eine Visitenkarte überreicht bekommt, sollte diese zumindest kurz eines Blickes würdigen und sich bedanken, bevor sie weggesteckt wird.
  • Während Meetings sind geschäftliche Anrufe nur dann anzunehmen, wenn sie sicher wichtig sind. Am besten bleibt das Handy während Besprechungen auch in der Hosentasche.
  • Wer andere kritisiert oder Fehler anmerkt, sollte dabei immer sachlich bleiben. Auch ist es wichtig, möglichst unter vier Augen und nicht vor anderen zu kritisieren. Dies könnte sonst wie eine Bloßstellung wirken.