„Die natürliche Klimaschwankung El Niño, die höhere Temperaturen mit sich bringt, ist schon Mitte 2024 abgeklungen. Trotzdem zeigt sich die globale Erwärmung im heurigen Jahr weiter stark. Hauptgrund dafür sind die nach wie vor hohen Treibhausgasemissionen“, sagt Gottfried Kirchengast, Klimaforscher am Wegener Center und Institut für Physik der Universität Graz. Gemeinsam mit seinem Doktoranden Moritz Pichler hat er in einer vielbeachteten Publikation kürzlich einen neuen Referenzdatensatz und ein Verfahren vorgestellt, mit dem sich die globale Erwärmung genauer und früher als je zuvor vorhersagen lässt. Nun liefern die Forscher für 2025 erstmals weit vor Jahresende aktuelle Prognosen. „Unsere Berechnungen enthalten bis August Beobachtungsdaten und ab September Saisonvorhersagen. Sie zeigen für heuer mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit einen Anstieg von 1,48 °C plus/minus 0,09 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau“, stellt Pichler die Jahresprognose vor.

Entscheidende Jahre für das Pariser Klimaabkommen

Neben der Temperaturzunahme mit Blick nur auf 2025 haben die Forscher auch eine aktuelle Prognose für die langfristige globale Erwärmung. Gemeint ist damit der mittlere Anstieg der weltweiten oberflächennahen Lufttemperatur, betrachtet in einem Zeitraum von 20 Jahren. Dieses Maß verwendet der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) zur Bewertung der Erfüllung der Pariser Klimaziele. „Nach unseren neuesten Berechnungen beträgt diese langfristige Zunahme derzeit 1,47 °C plus/minus 0,10 °C. Unsere Projektion bis 2034 auf Basis der Daten bis 2025 zeigt, dass wir die Grenze von 1,5 °C mit über 95 Prozent Wahrscheinlichkeit schon vor 2030 überschreiten werden“, sagt Kirchengast und fügt hinzu: „Im letzten IPCC-Weltklimabericht wurde das Erreichen der 1,5 °C noch zwischen 2030 und 2035 erwartet.“

Da die menschengemachten Treibhausgasemissionen der entscheidende Treiber dieser gefährlichen Entwicklung sind, lässt sich diese nur durch drastische Reduktionen einbremsen. Ergänzende Szenarien der Forscher machen deutlich, dass bei gleichbleibenden Emissionen noch vor 2035 die 1,7 °C überschritten würden. Damit wäre auch das Ziel des Pariser Klimaabkommens, die globale Erwärmung auf „deutlich unter 2 °C“ zu begrenzen, verfehlt. „Nur wenn wir die Emissionen bis 2035 mehr als halbieren, können wir danach unter 1,7 °C bleiben und in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wieder unter 1,5 °C kommen“ mahnt Kirchengast und betont: „Ernsthafte Klimaschutzbeiträge zur Erfüllung des Abkommens waren noch nie so dringend, und die politisch Verantwortlichen sind mehr gefordert denn je. Ein Versagen wäre ein Verbrechen an der jetzigen Kindergeneration.“

Der Referenzdatensatz zu dieser Prognose und weitere Schlüsseldaten zum Klimawandel sind über das Webportal Graz Climate Change Indicators – ClimateTracer frei zugänglich und weltweit verfügbar. Das Projekt „Graz Climate Change Indicators“ ist im Profilbereich „Climate Change Graz“ der Universität verankert.

Die Publikation zur neuen Berechnung der globalen Erwärmung:
G. Kirchengast & M. Pichler: A traceable global warming record and clarity for the 1.5 °C and well-below-2 °C goals, 2025